Probefahrt Porsche 804 aus der Formel 1: Altsilber
Probefahrt

Probefahrt Porsche 804 aus der Formel 1: Altsilber

Probefahrt Porsche 804 aus der Formel 1: Altsilber

Der letzte deutsche "Silberpfeil", der in der Formel 1 gewonnen hat

50 Jahre alt, aber immer noch laut – am Red Bull Ring in Österreich. Der Porsche 804 feiert ein rundes Jubiläum. auto motor und sport pilotiert den berühmten Grand-Prix-Sieger seit 1962.

Haben Sie schon einmal auf einem Pulverfass gesessen? So fühlte sich Dan Gurney wahrscheinlich 1962. Auf der Nordstrecke des Nürburgrings kämpfte er in seinem Formel-1-Porsche um den Sieg über Graham Hill und John Surtees. Er hat einen dummen Unfall - die Batterie zu seinen Füßen ist aus dem Befestigungsmechanismus gerissen und er versucht verzweifelt, sie mit seinem linken Fuß zu reparieren. Angst lauert tief in seinem Gehirn – was passiert, wenn es sich schließt und aufflammt? Dies könnte fatale Folgen haben. Denn der Fahrer des Porsche 804 sitzt wie in der Mitte des Tanks. Der Haupttank – links, rechts und dahinter – war mit 75 Litern hochoktanigem Benzin gefüllt. Die restlichen 75 Liter werden in die vorderen Tanks um die Füße des Fahrers gesprüht.

Iron Nerves half Gurney, wurde Dritter und nannte den Großen Preis von Deutschland später sein bestes Rennen mit einem Ergebnis von 804. In einem deutschen Formel-1-Auto gewann er bereits den Großen Preis von Frankreich und eine Woche später ... Formelkreis auf der Zolitude-Strecke in der Nähe Stuttgart.

Porsche 804 mit einem kleinen Flat-Eight-Motor

Seitdem sind 50 Jahre vergangen. Der Porsche 804 steht wieder vor der Box – nicht am Nürburgring und nicht in Rouen, sondern am frisch renovierten Red Bull Ring in Österreich. Um heute ein Formel-1-Auto zu fahren, braucht man ein Dutzend Assistenten. Alles, was ich brauche, ist Klaus Bischoff, Leiter des Porsche Räder Museums in Stuttgart. Er hatte bereits damit begonnen, den Achtzylindermotor warmzulaufen. Der Boxermotor in einem Porsche-Auto ist winzig - nur 1,5 Liter. Dafür ist er sehr laut und knurrt wie seine besten Brüder. Acht Zylinder sind luftgekühlt. Ein großer Ventilator bläst ihnen 84 Liter Luft pro Minute zu. Das erfordert neun PS, spart aber Kühler und Kühlmittel.

Da American Gurney ein großer Spieler für die Formel 1 war, fühlte sich Renn-Porsche wohl. Immerhin lässt sich das Lenkrad abnehmen – durch den schmalen „einzigen Griff“ lässt es sich besser Platz nehmen. Beim Einsteigen ins Auto hältst du dich am besten nicht am Regenbogen fest, er soll dich schützen, wenn er umkippt. Es wackelt, als wäre es ein Mockup. Es wird nicht empfohlen, seine Wirkung in der Praxis auszuprobieren. Als Stütze für den Hinterkopf kann allenfalls ein dünner Schlauch dienen.

Unter 6000 U / min passiert nichts.

Sie müssen auf dem Sitz sitzen, Ihre Hände auf der Außenseite des Körpers ablegen und Ihre Füße vorsichtig in Richtung der Pedale stechen. Das linke Bein ruht auf der Batterie. Zwischen den Beinen verläuft ein Stahlseil – es betätigt die Kupplung. Ansonsten ist alles an seinem Platz: Links ist das Kupplungspedal, in der Mitte - auf der Bremse, rechts - auf dem Gaspedal. Der Zündschlüssel befindet sich oben rechts auf dem Armaturenbrett. Auf der linken Seite befinden sich die Stifte zum Starten der Kraftstoffpumpen. Sie sind wichtig, weil das Benzin während des Rennens so intelligent aus den Tanks gepumpt wird, dass die Gewichtsverteilung von 46 Prozent auf der Vorder- und 54 Prozent auf der Hinterachse möglichst konstant bleibt.

Links vom Rohrrahmen befinden sich der elektrische Hauptschalter und der Starthebel. Da braucht es keinen Mechaniker mit Startgenerator, denn sobald man kräftig am Hebel zieht, hämmern acht Zylinder hinter einem her. Der erste Gang wird mit etwas Druck eingelegt. Du beschleunigst, lässt die Kupplung los und fährst. Aber was passiert? Der Geschmack beginnt sich zu zersetzen. Das erste, was man lernt, ist, dass hier hohe Geschwindigkeiten gefragt sind. Unter 6000 kannst du nichts machen. Und die Obergrenze liegt bei 8200. Dann war es im Notfall möglich, weitere Tausend aufzubringen.

Oberhalb von 6000 U/min beginnt das Bike jedoch mit erstaunlicher Kraft zu ziehen. Kein Wunder, denn zum Beschleunigen sind genau 452 Kilogramm plus Fahrer und Sprit nötig. Der Rahmen wiegt 38 Kilogramm, die Aluminiumkarosserie wiegt nur 25. Später wurden beim 804 die ersten Karosserieteile aus Kunststoff verwendet.

Wenn Sie zum ersten Mal auf die Bremse treten, hat der Pilot Angst

Die Getriebegänge sind recht "kurz". Erstens, zweitens – und hier ist die nächste Überraschung: Das Sechsganggetriebe hat keine Kanäle, um die Hebel zu bewegen. „Vorsicht beim Umschalten“, warnte mich Klaus Bischoff. Später fand ich heraus, dass Dan Gurney nach dem ersten Rennen um eine Kanalplatte bat. Im dritten Gang müssen Sie etwas warten, um sicherzustellen, dass sich der Hebel in der mittleren Spur befindet. Alles andere geht nach hinten los: Schaltet man in den fünften Gang, verliert man die Traktion, die erste Folge ist der Motorschaden.

Nach einiger Übung werden Sie jedoch lernen, wie man vorsichtig schaltet. Stattdessen erwartet Sie die nächste Überraschung. Die erste Kurve, die intensiv aufhört – „Remus-rechts“ – wird im ersten Gang genommen. Formel-1-Auto ist der erste Porsche mit Scheibenbremsen. Genauer gesagt innenbeschichtete Scheibenbremsen, also eine Kombination aus Trommel- und Scheibenbremsen. Eine interessante technische Lösung. Leider mit ein paar Mängeln. Beim ersten Betätigen des Bremspedals ist der Pilot entsetzt – das Pedal fällt fast auf die Bodenplatte. Im Fachjargon wird dies als „langes Pedal“ bezeichnet. Glücklicherweise näherte ich mich der ersten großen Kurve mit genügend Respekt und fing im Handumdrehen an zu treten. Dann kam die Bremswirkung.

Porsche 804 macht süchtig

Testpilot Herbert Linge erinnert sich: "Die Bremsen haben super funktioniert, aber sie mussten vor dem Abbiegen vorbereitet werden." Dies liegt daran, dass die Vibrationen der Radbewegungen die Beläge von der Bremsscheibe wegbewegen. Dies sollte besonders informiert werden, aber diese Feinheiten sind heutzutage schon lange im Automobilalltag enthalten. Die damaligen Piloten mussten sich mit diesen kleinen Unannehmlichkeiten abfinden, aber man gewöhnt sich schnell daran. Noch schädlicher für die Bremsen ist eine Route wie der Red Bull Ring mit seinen kurzen geraden Abschnitten und engen Kurven, von denen einige, wie der Rint-Right, auch Abfahrten sind.

Das Steuern eines 804 stellt jedoch eine ernsthafte Suchtgefahr dar. Der Pilot liegt zurückgelehnt im Cockpit, sein Rücken verliert fast den Asphalt. Vor seinen Augen sind offene Räder, über die er in Kurven und Bordsteinkanten zielgenau zielen kann. Der einsitzige Porsche mit schmaler Bereifung verhält sich eher wie ein Pkw als wie ein Formel-1-Bolide – er unter- und übersteuert, ist aber leicht zu fahren. Sie haben längst vergessen, dass Sie in einem fahrbaren Benzinfass sitzen. Wahrscheinlich war es bei den ehemaligen Charakteren des Grand Prix genauso. Die Freude erreichte ihren Höhepunkt und die Angst trat in den Hintergrund.

Achtzylinder-Boxer auf anderen Siegerautos

Tatsächlich dauerte die Karriere des 804 nur einen heißen Sommer. Noch vor Ende der Saison 1962 sagte Firmenchef Ferry Porsche: „Wir geben auf.“ In Zukunft will Porsche mit seriennahen Fahrzeugen Rennen fahren. 1962 wurde die Formel 1 von englischen Teams dominiert, BRM gewann die Weltmeisterschaft. Und mit seinem neuen Aluminium-Monocoque-Chassis schreibt Lotus nicht nur Rohrrahmen-Geschichte, sondern revolutioniert auch die Formel 1.

Der 804 steht in einem Museum, aber einige Teile des Projekts haben das Ende der Formel 1 überlebt. Zum Beispiel sind die Scheibenbremsen natürlich stark verbessert worden. Oder der Achtzylinder-Boxer, der dem Porsche-Team ursprünglich ein Dauerbrenner war, weil er nicht genug Kraft entfaltete, später aber in Topform kam. Bei einem Arbeitsvolumen von 1,5 Litern erreicht er eine maximale Leistung von 200 PS. Wird der Hubraum um einen weiteren halben Liter erhöht, steigt die Leistung auf 270 PS. Im Porsche 907 gewann der Motor die 24 Stunden von Daytona, im 910 die Alpine Ski-Europameisterschaft und 1968 im 908 sogar die Targa Florio auf Sizilien.

Der Porsche 804 bleibt ein wichtiger Teil der Geschichte. Pünktlich zu seinem 50. Geburtstag feiert Nico Rosberg mit Mercedes einen weiteren Sieg des deutschen Teams in der Formel 1. Ja, er kam von Konkurrenten, aber dennoch kann er als schönes Geburtstagsgeschenk betrachtet werden.

TECHNISCHE DATEN

KÖRPER Einsitzer Formel-1-Rennwagen, Stahlrohrgitterrahmen, Aluminiumkarosserie, Länge x Breite x Höhe 3600 x 1615 x 800 mm, Radstand 2300 mm, vordere / hintere Spur 1300/1330 mm, Tankinhalt 150 l, Nettogewicht 452 kg.

FEDERUNG Unabhängige Vorder- und Hinterradaufhängung mit Doppelquerlenkern, Torsionsfedern, Teleskopstoßdämpfern, Stabilisatoren vorne und hinten, Scheibenbremsen vorne und hinten, Vorderreifen 5.00 x 15 R, hinten 6.50 x 15 R.

ANTRIEB Hinterradantrieb, Sechsganggetriebe mit Sperrdifferential.

MOTOR Luftgekühlter Achtzylinder-Boxermotor, vier obenliegende Nockenwellen, zwei Zündkerzen pro Zylinder, Hubraum 1494 ccm, 3 kW (132 PS) bei 180 U / min, max. Drehmoment 9200 Nm bei 156 U / min.

DYNAMISCHE EIGENSCHAFTEN Höchstgeschwindigkeit ca. 270 km / h.

Text: Bernd Ostman

Foto: Achim Hartmann, LAT, Porsche-Archiv

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